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| | == Der Brauch der Wilden Jagd im Zeitbild == | | == Der Brauch der Wilden Jagd im Zeitbild == |
| − | In diesem uralten Brauch der "Wilden Jagd vom Untersberg" verbindet sich christliches Brauchtum, heidnische Überlieferung und historische Wahrheit. Vermutlich geht das wilde Treiben auf [[Kelten|keltische]] Rituale zurück, die den Gott der Stürme und der kalten Winterwinde besänftigen sollten. Die Wilde Jagd war wie viele andere Bräuche lange Zeit verboten. Es drohten bittere Strafen bei Nichtbeachtung des Verbotes. Trotzdem wurde die Wilde Jagd vom Untersberg bis in unsere Zeit gut überliefert, allerdings änderte sich die Form des Brauches. | + | In diesem uralten Brauch der "Wilden Jagd vom Untersberg" verbinden sich christliches Brauchtum, heidnische Überlieferung und historische Wahrheit. Vermutlich geht das wilde Treiben auf [[Kelten|keltische]] Rituale zurück, die den Gott der Stürme und der kalten Winterwinde besänftigen sollten. Die Wilde Jagd war wie viele andere Bräuche lange Zeit verboten. Es drohten bittere Strafen bei Nichtbeachtung des Verbotes. Trotzdem wurde die Wilde Jagd vom Untersberg bis in unsere Zeit gut überliefert, allerdings änderte sich die Form des Brauches. |
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| | Aus diesem alten Volksglauben bildete sich ein eigener Vor-Raunachtsbrauch, der aber nie bis zur [[Stadt Salzburg]] vorgedrungen ist. Er entwickelte sich in der Umgebung des Untersberges und vor allem im Gebiet des ehemaligen [[Leopoldskroner Moor|Wildmooses]], das heute nicht mehr existiert (ein übrig gebliebener Rest davon ist das heutige [[Hammerauer Moor]]). | | Aus diesem alten Volksglauben bildete sich ein eigener Vor-Raunachtsbrauch, der aber nie bis zur [[Stadt Salzburg]] vorgedrungen ist. Er entwickelte sich in der Umgebung des Untersberges und vor allem im Gebiet des ehemaligen [[Leopoldskroner Moor|Wildmooses]], das heute nicht mehr existiert (ein übrig gebliebener Rest davon ist das heutige [[Hammerauer Moor]]). |
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| | Der Brauch der Wilden Jagd wurde nachweislich bis ungefähr [[1900]] in der Untersberg-Gegend ausgeübt. Aus den Kriegszeiten gibt es keine Berichte über die Ausübung des Brauches. Allerdings wurde in der [[NS]]-Zeit die Herkunft des Brauches auf germanische Wurzeln umgedeutet und in Verbindung mit dem germanischen Sturm- und Totengott Wotan (Odin) gebracht. | | Der Brauch der Wilden Jagd wurde nachweislich bis ungefähr [[1900]] in der Untersberg-Gegend ausgeübt. Aus den Kriegszeiten gibt es keine Berichte über die Ausübung des Brauches. Allerdings wurde in der [[NS]]-Zeit die Herkunft des Brauches auf germanische Wurzeln umgedeutet und in Verbindung mit dem germanischen Sturm- und Totengott Wotan (Odin) gebracht. |
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| − | Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde der Brauch neu belebt. [[Kuno Brandauer]] und [[Werner Dürnberger]] ist es zu verdanken, dass der Wilde-Jagd-Zug im Jahre [[1949]] in [[Anif]] erstmals wieder von der Heimatgruppe [[Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland]], die damals unter der Leitung von [[Edwin Vogel]] und [[Michael Nußdorfer]] war, durchgeführt wurde. Werner Dürnberger entwarf die Masken der zwölf Gestalten. Kuno Brandauer vermengte einige Elemente der [[Anklöpfelbrauch|Anklöpfelbräuche]] mit den [[Sagen um den Untersberg|Untersberg-Sagen]] und mit der früheren, vor den Weltkriegen durchgeführten Untersberger Wilden Jagd. | + | Nach dem [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] wurde der Brauch neu belebt. [[Kuno Brandauer]] und [[Werner Dürnberger]] ist es zu verdanken, dass der Wilde-Jagd-Zug im Jahre [[1949]] in [[Anif]] erstmals wieder von der Heimatgruppe [[Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland]], die damals unter der Leitung von [[Edwin Vogel]] und [[Michael Nußdorfer]] stand, durchgeführt wurde. Werner Dürnberger entwarf die Masken der zwölf Gestalten. Kuno Brandauer vermengte einige Elemente der [[Anklöcken|Anklöpfelbräuche]] mit den [[Sagen um den Untersberg|Untersberg-Sagen]] und mit der früheren, vor den Weltkriegen durchgeführten Untersberger Wilden Jagd. |
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| | Seit diesem Zeitpunkt wird dieser Brauch jedes Jahr von der [[Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland]] durchgeführt. An einem möglichst geheim gehaltenen Ort in der Untersberg-Gegend taucht das "Wilde Gjoad" jährlich am Donnerstag zwischen dem zweiten und dritten [[Advent]]<nowiki>sonntag</nowiki>, also dem zweiten Donnerstag im Advent, nach Einbruch der Dämmerung auf und führt den Umgang und Tanz durch. | | Seit diesem Zeitpunkt wird dieser Brauch jedes Jahr von der [[Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland]] durchgeführt. An einem möglichst geheim gehaltenen Ort in der Untersberg-Gegend taucht das "Wilde Gjoad" jährlich am Donnerstag zwischen dem zweiten und dritten [[Advent]]<nowiki>sonntag</nowiki>, also dem zweiten Donnerstag im Advent, nach Einbruch der Dämmerung auf und führt den Umgang und Tanz durch. |
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| | == Die heutige Durchführung == | | == Die heutige Durchführung == |
| − | Die Mitglieder der Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland versammeln sich in einem entlegenen Gehöft nahe des Durchführungsortes in ihren wild aussehenden Masken. Es gibt zwölf Figuren in der Wilden Jagd vom Untersberg, man braucht jedoch dreizehn Personen, da die Habergoaß aus zwei Personen besteht. Schwegler, Kraxenträger und Fackelträgerinnen begleiten diese zwölf Figuren. | + | Die Mitglieder der Heimat- und Brauchtumsgruppe Jung Alpenland versammeln sich in einem entlegenen Gehöft nahe des Durchführungsortes in ihren wild aussehenden Masken. Es gibt zwölf Figuren in der Wilden Jagd vom Untersberg, man braucht jedoch dreizehn Personen, da die [[Habergeiß|Habergoaß]] aus zwei Personen besteht. Schwegler, Kraxenträger und Fackelträgerinnen begleiten diese zwölf Figuren. |
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| − | Die Figuren der Wilden Jagd vom Untersberg sind nicht zufällig zwölf Personen: Die zwölf Nächte zwischen dem ''Thomastag'' am [[21. Dezember]] und dem Fest der ''Heiligen Drei Könige'' am [[6. Jänner]] spielten eine große Rolle im Volksglauben. Diese zwölf Nächte werden [[Raunächte]] genannt. Diese Zeit galt früher als die finsterste Zeit des Jahres, die voller Geheimnisse, Zaubereien und Weissagungen war. | + | Die Figuren der Wilden Jagd vom Untersberg sind nicht zufällig zwölf Personen: Die zwölf Nächte zwischen dem ''Thomastag'' am [[21. Dezember]] und dem [[Dreikönigstag|Fest der ''Heiligen Drei Könige'']] am [[6. Jänner]] spielten eine große Rolle im Volksglauben. Diese zwölf Nächte werden [[Raunächte]] genannt. Diese Zeit galt früher als die finsterste Zeit des Jahres, die voller Geheimnisse, Zaubereien und Weissagungen war. |
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| | Die zwölf Gestalten bilden zusammen ein sehr mystisches Bild, das im flackernden Schein der Fackeln ziemlich unheimlich wirkt. Dumpfe Trommelschläge und der schrille Klang von Flöten oder Klarinetten verstärken diesen gespenstischen Eindruck. | | Die zwölf Gestalten bilden zusammen ein sehr mystisches Bild, das im flackernden Schein der Fackeln ziemlich unheimlich wirkt. Dumpfe Trommelschläge und der schrille Klang von Flöten oder Klarinetten verstärken diesen gespenstischen Eindruck. |
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| − | Die Schar zieht nun lärmend und polternd in die dunkle Nacht hinein, erhellt von Fackeln, die meistens von Mädchen getragen werden. Ähnlich wie beim Kramperltreiben werden die Neugierigen, die vom Lärm angelockt werden, oft "verklopft" (vertrieben) und erschreckt. | + | Die Schar zieht nun lärmend und polternd in die dunkle Nacht hinein, erhellt von Fackeln, die meistens von Mädchen getragen werden. Ähnlich wie beim [[Krampus|Kramperltreiben]] werden die Neugierigen, die vom Lärm angelockt werden, oft "verklopft" (vertrieben) und erschreckt. |
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| | Der Zug eilt auf den Wegen und Straßen dahin, zieht aber auch über die freien Felder. Vor einzelnen Bauernhäusern hält der Zug an und der Vorpercht, eine Figur der Wilden Jagd, ruft den Spruch ins Haus: "Glück hinein, Unglück hinaus, es zieht das Wilde Gjoad ums Haus!" Dann folgt ein Rundtanz der Figuren, begleitet von Trommelschlägen und Klarinettenklang. Zum Schluss dann liegt das Wilde Gjoad zur Reverenz flach auf dem Boden. | | Der Zug eilt auf den Wegen und Straßen dahin, zieht aber auch über die freien Felder. Vor einzelnen Bauernhäusern hält der Zug an und der Vorpercht, eine Figur der Wilden Jagd, ruft den Spruch ins Haus: "Glück hinein, Unglück hinaus, es zieht das Wilde Gjoad ums Haus!" Dann folgt ein Rundtanz der Figuren, begleitet von Trommelschlägen und Klarinettenklang. Zum Schluss dann liegt das Wilde Gjoad zur Reverenz flach auf dem Boden. |
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| | * Festlegung und Beibehaltung der "Heiligen Zwölf"-Zahl bei den Maskenträgern | | * Festlegung und Beibehaltung der "Heiligen Zwölf"-Zahl bei den Maskenträgern |
| | * Geregelter Ablauf mit symbolhaften Handlungselementen | | * Geregelter Ablauf mit symbolhaften Handlungselementen |
| − | * Verzicht auf Spendenbettlerei | + | * Verzicht auf Spendenbettelei |
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| | [[Datei:Salzburger Hanswurst, Habergeis neben Schützenscheibenfragment1.jpg|thumb|Salzburger Hanswurst mit der "Habergoas" neben einem Schützenscheibenfragment aus Altötting]] | | [[Datei:Salzburger Hanswurst, Habergeis neben Schützenscheibenfragment1.jpg|thumb|Salzburger Hanswurst mit der "Habergoas" neben einem Schützenscheibenfragment aus Altötting]] |
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| | '''Tod:''' Der Tod ist zur Hauptfigur der Wilden Jagd vom Untersberg geworden und der eigentliche Anführer des Geisterzuges. Mit seinen Trommelschlägen hat er das Geschehen im Griff. Der Tod spielt auch in den [[Sagen um den Untersberg]] eine wichtige Rolle. | | '''Tod:''' Der Tod ist zur Hauptfigur der Wilden Jagd vom Untersberg geworden und der eigentliche Anführer des Geisterzuges. Mit seinen Trommelschlägen hat er das Geschehen im Griff. Der Tod spielt auch in den [[Sagen um den Untersberg]] eine wichtige Rolle. |
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| − | '''Rabe:''' Der [[Rabe vom Untersberg]] ist eine sehr mysteriöse Gestalt in der Untersberg-Sage. In dieser ist es seine Aufgabe, den im Untersberg schlafenden [[Kaiser Karl im Untersberg|Kaiser Karl]] am Tag des Weltunterganges zu wecken. Vermutlich ist mit diesem ''Kaiser Karl'' Kaiser Karl der Große gemeint. Es kommen aber auch noch die Kaiser [[Friedrich I. Barbarossa]] und Kaiser Karl V. in Frage. | + | '''Rabe:''' Der [[Rabe vom Untersberg]] ist eine sehr mysteriöse Gestalt in der Untersberg-Sage. In dieser ist es seine Aufgabe, den im Untersberg schlafenden [[Kaiser Karl im Untersberg|Kaiser Karl]] am Tag des Weltunterganges zu wecken. Vermutlich ist mit diesem ''Kaiser Karl'' Kaiser [[Karl der Große]] gemeint. Es kommen aber auch noch die Kaiser [[Friedrich I. Barbarossa]] und Kaiser [[Karl V.]] in Frage. |
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| | '''Moosweiberl:''' Das [[Moosweiberl]] ist eine typische Gestalt aus der Untersberg-Sage. Es zählt mit dem Baumpercht zu den Waldgeistern. Diese beiden Gestalten bilden den Übergang zu den Zwergen, die im [[Untersberg]] hausen, während Moos- und Holzleute in den dem Untersberg vorgelagerten Wäldern und Mooren wohnen. | | '''Moosweiberl:''' Das [[Moosweiberl]] ist eine typische Gestalt aus der Untersberg-Sage. Es zählt mit dem Baumpercht zu den Waldgeistern. Diese beiden Gestalten bilden den Übergang zu den Zwergen, die im [[Untersberg]] hausen, während Moos- und Holzleute in den dem Untersberg vorgelagerten Wäldern und Mooren wohnen. |
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| | '''Hexe:''' Die [[Untersberger Hexe]] wird als Nachfahrin der [[Untersberger Wildfrauen]] bezeichnet. Die Untersberger Hexe der Wilden Jagd ist sehr hässlich. Der Unterschied zu den Wildfrauen vom Untersberg ist jedoch der, dass die Wildfrauen immer nur als lieblich, holdselig und überirdisch schön bezeichnet wurden. | | '''Hexe:''' Die [[Untersberger Hexe]] wird als Nachfahrin der [[Untersberger Wildfrauen]] bezeichnet. Die Untersberger Hexe der Wilden Jagd ist sehr hässlich. Der Unterschied zu den Wildfrauen vom Untersberg ist jedoch der, dass die Wildfrauen immer nur als lieblich, holdselig und überirdisch schön bezeichnet wurden. |
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| − | '''Habergeiß:''' Die "[[Habergoaß]]" wird als allgemeine Sagengestalt des [[Flachgau]]es beschrieben. Sie ist eine Spukgestalt und wird oft mit einem Ziegenkopf und einem dreibeinigen Vogelkörper dargestellt. Beim von der Brauchtumsgruppe "Jung Alpenland" dargestellten Zug der Wilden Jagd bilden zwei Personen die Habergoaß. Der zweite Mann muss sich auf den anderen komplett verlassen, da er nichts sieht und hinter diesem unter der Rückendecke herschreitet. | + | '''Habergeiß:''' Die "[[Habergeiß|Habergoaß]]" wird als allgemeine Sagengestalt des [[Flachgau]]es beschrieben. Sie ist eine Spukgestalt und wird oft mit einem Ziegenkopf und einem dreibeinigen Vogelkörper dargestellt. Beim von der Brauchtumsgruppe "Jung Alpenland" dargestellten Zug der Wilden Jagd bilden zwei Personen die Habergoaß. Der zweite Mann muss sich auf den anderen komplett verlassen, da er nichts sieht und hinter diesem unter der Rückendecke herschreitet. |
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| | '''Saurüssel:''' Der [[Saurüssel]], eine Gestalt mit Schweinskopf, kommt aus den allgemeinen Sagengestalten des Flachgaues. Er steht für das Symbol des "heiligen Ebers der Raunachtszeit". | | '''Saurüssel:''' Der [[Saurüssel]], eine Gestalt mit Schweinskopf, kommt aus den allgemeinen Sagengestalten des Flachgaues. Er steht für das Symbol des "heiligen Ebers der Raunachtszeit". |