Keuchenscharte: Unterschied zwischen den Versionen
FG (Diskussion | Beiträge) (Neuer Text) |
FG (Diskussion | Beiträge) (Text fertig) |
||
| Zeile 3: | Zeile 3: | ||
Dass "keuchen" tatsächlich mit unserem neuhochdeutschen Wort "keuchen" (hörbar schwer atmen) identisch ist, kann möglich sein, doch wäre es in dieser Bedeutung sehr auffallend. Es gibt ja auch keine Parallelen: keine "Schwitzen-Scharte", keine "Bluten-Scharte" usw. Eine zweite Deutungsmöglichkeit könnte die Zugrundelegung eines heute abgekommenen Wortes "die Keuche" sein. Damit bezeichnete man früher einen Raum zur Anhaltung gerichtlich verurteilter Personen, also im weitesten Sinne: "Gefängnis". Wie und weshalb sollte da oben jemand eingesperrt worden sein? Schwer vorstellbar! Wollte man sich in rein hypothetische Bereiche begeben, ließe sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Berg an einen altsolwenisch-karantanischen Namen, nämlich "[[Salesenkogel]]" (Erkärung siehe unter [[Dr. Fritz Gruber Weg]]) an "goly" ("kahl", "nackt") denken, etwa als Parallele zum Kahlenberg im Wienerwald. Im Dialekt musste "gol" zu "goi" geworden sein (Vokalisierung des >l<), das dann - gewissermaßen mit Augenzwinkern - um das Jahr 1000 (oder auch viel später?) zu "Koichen" und weiter zu "Keuchen" eingedeutscht (besser: "eingebaiert") wurde. Der längst verstorbene Gemeinde-Waldaufseher Hans Stöckl erzählte oft von den "Feuersang-Koichen", einer baumlos-kahle Örtlichkeit im inneren Anlauftal. Ein sprachlicher Zusammenhang mit der "Keuchen-Scharte" wäre vorstellbar. Heute ist dieser Name aber abgekommen. | Dass "keuchen" tatsächlich mit unserem neuhochdeutschen Wort "keuchen" (hörbar schwer atmen) identisch ist, kann möglich sein, doch wäre es in dieser Bedeutung sehr auffallend. Es gibt ja auch keine Parallelen: keine "Schwitzen-Scharte", keine "Bluten-Scharte" usw. Eine zweite Deutungsmöglichkeit könnte die Zugrundelegung eines heute abgekommenen Wortes "die Keuche" sein. Damit bezeichnete man früher einen Raum zur Anhaltung gerichtlich verurteilter Personen, also im weitesten Sinne: "Gefängnis". Wie und weshalb sollte da oben jemand eingesperrt worden sein? Schwer vorstellbar! Wollte man sich in rein hypothetische Bereiche begeben, ließe sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Berg an einen altsolwenisch-karantanischen Namen, nämlich "[[Salesenkogel]]" (Erkärung siehe unter [[Dr. Fritz Gruber Weg]]) an "goly" ("kahl", "nackt") denken, etwa als Parallele zum Kahlenberg im Wienerwald. Im Dialekt musste "gol" zu "goi" geworden sein (Vokalisierung des >l<), das dann - gewissermaßen mit Augenzwinkern - um das Jahr 1000 (oder auch viel später?) zu "Koichen" und weiter zu "Keuchen" eingedeutscht (besser: "eingebaiert") wurde. Der längst verstorbene Gemeinde-Waldaufseher Hans Stöckl erzählte oft von den "Feuersang-Koichen", einer baumlos-kahle Örtlichkeit im inneren Anlauftal. Ein sprachlicher Zusammenhang mit der "Keuchen-Scharte" wäre vorstellbar. Heute ist dieser Name aber abgekommen. | ||
=== Lage === | === Lage === | ||
| − | Die Keuchenscharte liegt auf 2 463 m Seehöhe östlich unter der Bergstation der Sportgasteiner Goldnergbahn. Über die Keuchenscharte führt im Winter die anspruchsvolle "Nordabfahrt" ins untere Nassfeldtal und zur Gasteiner Alpenstraße (Möglichkeit zur Rückfahrt nach Sportgastein). | + | Die Keuchenscharte liegt auf 2 463 m Seehöhe östlich unter der Bergstation der Sportgasteiner Goldnergbahn zum Krezkogel-Gipfelbereich. Über die Keuchenscharte führt im Winter die anspruchsvolle "Nordabfahrt" ins untere Nassfeldtal und zur Gasteiner Alpenstraße (Möglichkeit zur Rückfahrt nach Sportgastein). |
| − | Aus geologisch-morphologischer Sicht markiert die Scharte den oberen Endpunkt der sogenannten "Wantschler-Fäule", diese benannt nach einem Gewerken des 16. Jahrhunderts. Sie verläuft nach Nord-Nord- | + | Aus geologisch-morphologischer Sicht markiert die Scharte den oberen Endpunkt der sogenannten "Wantschler-Fäule", diese benannt nach einem Gewerken des 16. Jahrhunderts. Sie verläuft nach Nord-Nord-West in einer grabenartigen Einkerbung bis zum Talboden, wo sie im Waldbereich des unteren Teils den Namen "Knappenbach-Graben" annimmt. Die Wantschler Fäule schneidet die N-N-O nach S-S-W verlaufenden Erzgänge vermutlich (alle?) ab. Der historische Bergbau spielte sich zum allergrößten Teil nur westlich der Wantschler-Fäule ab. |
| + | === Geschichte === | ||
| + | Hier wurde eine Lochaxt aus dem Neolithikum gefunden. Es ist höchstwahrscheinlich kein Zufall, dass in nächster Nähe, in ca. 100 m Entfernung, deutliche Erzvorkommen vorhanden sind. Es ist als theoretische Überlegung durchaus denkmöglich, dass vor ca. 6 000 Jahren sich Menschen für das Erz interessierten. | ||
| + | ==== Beschreibung ==== | ||
| + | Lochaxt aus schwarzem Serpentin: Länge 9,5 cm; Allseitig poliert. Am Nacken und an der Schneide leicht ausgebrochen. Rechts vom Nacken löchrige Oberfläche. Leicht konische, nackenlastige Bohrung. Gewicht: 178 g. | ||
| + | ====Fundort und Fundgeschichte==== | ||
| + | Die Axt wurde 1910 am Radhausberg-Kreuzkogel auf ca. 2 600 m Seehöhe vom Lawinenwächter der Bergwerksgewerkschaft Radhausberg, namens Gruber, gefunden. Sie lag auf der sogenannten "Keuche" (hier Bezeichnung für das an die gleichnamige Scharte angrenzende Kar)in steilem Gelände unterhalb des Gipfels. | ||
| + | ====Aufbewahrung==== | ||
| + | Gasteiner Museum, Bad Gastein, zusammen mit einem Flintbeil, einer Hammeraxt und einer zweiten Lochaxt, diese vom Gasteiner Korntauern. | ||
| + | *[[Fritz Gruber|Gruber, Fritz]] (Namenkunde, Geologie) | ||
| + | *[[Andreas Lippert|Lippert, Andreas]]: "[[Das Archäologische Umfeld seit dem Neolithikum]]", in: Andreas Lippert|Lippert, Andreas]](Hg.) Hochalpine Altstraßen im Raum Badgastein-Böckstein. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt (Böcksteiner Montana Nr. 10). VWGÖ Wien 1903. Mit weiterführender Literatur. Die Angaben zur Geschichte basieren hier zur Gänze auf seinem Artikel, S. 146 bis S. 148. | ||
Version vom 6. Juni 2016, 09:07 Uhr
== Die Keuchenscharte ist ein Gebirgseinschnitt am Radhausbergmassiv südlich oberhalb von Bad Gastein
Name
Dass "keuchen" tatsächlich mit unserem neuhochdeutschen Wort "keuchen" (hörbar schwer atmen) identisch ist, kann möglich sein, doch wäre es in dieser Bedeutung sehr auffallend. Es gibt ja auch keine Parallelen: keine "Schwitzen-Scharte", keine "Bluten-Scharte" usw. Eine zweite Deutungsmöglichkeit könnte die Zugrundelegung eines heute abgekommenen Wortes "die Keuche" sein. Damit bezeichnete man früher einen Raum zur Anhaltung gerichtlich verurteilter Personen, also im weitesten Sinne: "Gefängnis". Wie und weshalb sollte da oben jemand eingesperrt worden sein? Schwer vorstellbar! Wollte man sich in rein hypothetische Bereiche begeben, ließe sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem Berg an einen altsolwenisch-karantanischen Namen, nämlich "Salesenkogel" (Erkärung siehe unter Dr. Fritz Gruber Weg) an "goly" ("kahl", "nackt") denken, etwa als Parallele zum Kahlenberg im Wienerwald. Im Dialekt musste "gol" zu "goi" geworden sein (Vokalisierung des >l<), das dann - gewissermaßen mit Augenzwinkern - um das Jahr 1000 (oder auch viel später?) zu "Koichen" und weiter zu "Keuchen" eingedeutscht (besser: "eingebaiert") wurde. Der längst verstorbene Gemeinde-Waldaufseher Hans Stöckl erzählte oft von den "Feuersang-Koichen", einer baumlos-kahle Örtlichkeit im inneren Anlauftal. Ein sprachlicher Zusammenhang mit der "Keuchen-Scharte" wäre vorstellbar. Heute ist dieser Name aber abgekommen.
Lage
Die Keuchenscharte liegt auf 2 463 m Seehöhe östlich unter der Bergstation der Sportgasteiner Goldnergbahn zum Krezkogel-Gipfelbereich. Über die Keuchenscharte führt im Winter die anspruchsvolle "Nordabfahrt" ins untere Nassfeldtal und zur Gasteiner Alpenstraße (Möglichkeit zur Rückfahrt nach Sportgastein). Aus geologisch-morphologischer Sicht markiert die Scharte den oberen Endpunkt der sogenannten "Wantschler-Fäule", diese benannt nach einem Gewerken des 16. Jahrhunderts. Sie verläuft nach Nord-Nord-West in einer grabenartigen Einkerbung bis zum Talboden, wo sie im Waldbereich des unteren Teils den Namen "Knappenbach-Graben" annimmt. Die Wantschler Fäule schneidet die N-N-O nach S-S-W verlaufenden Erzgänge vermutlich (alle?) ab. Der historische Bergbau spielte sich zum allergrößten Teil nur westlich der Wantschler-Fäule ab.
Geschichte
Hier wurde eine Lochaxt aus dem Neolithikum gefunden. Es ist höchstwahrscheinlich kein Zufall, dass in nächster Nähe, in ca. 100 m Entfernung, deutliche Erzvorkommen vorhanden sind. Es ist als theoretische Überlegung durchaus denkmöglich, dass vor ca. 6 000 Jahren sich Menschen für das Erz interessierten.
Beschreibung
Lochaxt aus schwarzem Serpentin: Länge 9,5 cm; Allseitig poliert. Am Nacken und an der Schneide leicht ausgebrochen. Rechts vom Nacken löchrige Oberfläche. Leicht konische, nackenlastige Bohrung. Gewicht: 178 g.
Fundort und Fundgeschichte
Die Axt wurde 1910 am Radhausberg-Kreuzkogel auf ca. 2 600 m Seehöhe vom Lawinenwächter der Bergwerksgewerkschaft Radhausberg, namens Gruber, gefunden. Sie lag auf der sogenannten "Keuche" (hier Bezeichnung für das an die gleichnamige Scharte angrenzende Kar)in steilem Gelände unterhalb des Gipfels.
Aufbewahrung
Gasteiner Museum, Bad Gastein, zusammen mit einem Flintbeil, einer Hammeraxt und einer zweiten Lochaxt, diese vom Gasteiner Korntauern.
- Gruber, Fritz (Namenkunde, Geologie)
- Lippert, Andreas: "Das Archäologische Umfeld seit dem Neolithikum", in: Andreas Lippert|Lippert, Andreas]](Hg.) Hochalpine Altstraßen im Raum Badgastein-Böckstein. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt (Böcksteiner Montana Nr. 10). VWGÖ Wien 1903. Mit weiterführender Literatur. Die Angaben zur Geschichte basieren hier zur Gänze auf seinem Artikel, S. 146 bis S. 148.