Fastenbeugel

Aus Salzburgwiki
Version vom 9. April 2020, 10:14 Uhr von Peter Krackowizer (Diskussion | Beiträge) (Textersetzung - „Brauchtum“ durch „Brauch“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Das Originalrezept von 1890
In der Grube Paul Gandl senior, 2.v.r. Paul Gandl jun. (nach 1918)

Fastenbeugel (auch: Fastenbeigel) haben in St. Wolfgang eine lange Tradition. Das alte Rezept aus dem Hause Bäckerei Gandl aus dem Jahre 1890 hat sich bis heute erhalten.

Allgemeines

Die Basis allen guten Brotes ist der Sauerteig (die Gar, die Triebmasse, das Dampfl). Die Beigel brauchen zum Reifen Zeit. Nach altem Herkommen wirkt der Bäcker das Mehl und Salz mit Handgefühl unter das linde Dampfl, welches jeden Tag neu angesetzt wird. Aus dem geschmeidigen Teig formt er lange gut fingerdicke Rollen, woraus er kleine Ringe, anstelle der verschlungenen Brezeln fertigt. In der Fastenzeit stand in der Backstube der eiserne Ofen mit Holzheizung. In einem riesigen Topf wurden die frisch erzeugten Beigeln ca. 10 Minuten in siedendem Wasser gekocht, anschließend abgetropft im Backofen fertig gebacken. Die Beigel schmecken aufgrund dieser Herstellung und dem festeren Teig sehr knusprig und schmackhaft, daher wurden sie auch beim Zahnen den Säuglingen zum Beißen und Kauen anstelle der Beißringe oder Veilchenwurzeln gegeben.

Beigl reißen und Beigl werfen

Dazu gibt es ja auch noch altes Brauch. In den Wirtsstuben war es in der Fastenzeit Sitte, dass die Beigel in einem Körberl am Tisch standen. Beim Zusammensitzen bot man dem Nachbar das Beigl an und wer den größeren Teil des Beigls abriss durfte sich auf ein Glück bringendes Erlebnis freuen.

Beim "Weißen Bären", in der alten Zunftstube in St. Wolfgang wurden von den Bürgern des Marktes an den Feiertagen der Fastenzeit, nach der Kirche, frische Beigeln an die armen Kinder verteilt. Nach alter Tradition warf man die Beigel aus dem ersten Stock der Bürgerstube aus den Fenstern auf den oberen Marktplatz unter die wartende Kinderschar. Man kann sich die Freude und das Gerangel der Kinder auch heute noch gut vorstellen.

Auch die Brüder Karl und Hannes Sungler waren daran sehr interessiert und nahmen zum Auffangen für möglichst viele Beugel die Skistecken dazu in Gebrauch. Doch als sie mit der Beigel Beute heim kamen, gab es ein großes Donnerwetter, denn die Fastenbeigel waren ja nur für arme Kinder gedacht und damals in den 1930er Jahren gab es viele davon in St. Wolfgang. Mit langen Gesichtern wurden die Buben wieder zurück auf den Marktplatz geschickt um dort ihre Beute unter den Kindern zu verteilen.

Rezept

Das Original Beigl Rezept von Bäckermeister Paul Gandl vom 3. Jänner 1890:

Beigldampfl auf einen Metz 2 Maß warmes Wasser 
½ Maß Braungerm, lind dampfeln. 
Beigl Gewicht 2 Loth
              2 Krz
St. Wolfgang 3 Jan. 890 = 1890 – den Einser ließ man beim 1000 er Schreiben weg.

Erklärungen:

1 Metz sind ca 3 1/2 Liter
Braungerm = reife Hefe = lind = geschmeidig
4 Loth sind ungefähr 8 dkg
2 krz = in € sind ungefähr 18 cent / lt.Umrechnung in € von krz 1890

Quelle

Verfasser

  • Dieser Artikel wurde von Adele Sungler verfasst und als Word-Dokument an das Salzburgwiki gesandt.